Alles so schön weiss hier

Weiss – die Farbe der Saison.

Weisse Autos, weisse Hosen, sogar weisse Schuhe sind wieder in. Weisse Socken eher nicht.
Die Vorschauen als Vorboten der Frühjahrsbücher machen es vor:
Halbweiss: Unionsverlag, Piper Nordiska
Ganz weiss: Edition Fink
Besonders raffiniert weiss: Hatje Cantz. Man meint es sei schwarz und weiss, wenn man aber genauer hinschaut ist es eben nicht nur weiss und schwarz, sondern bunt.

Und die Bücher in Weiss.

Natürlich waren da einmal die dtv Bücher. Früher cool weiss mit bunten Piatti-Bildern darauf. Konnte man 50 Meter gegen den Wind im Schaufenster der Buchhandlungen erkennen. Dann ein weisses Programm von Suhrkamp, einmal eine ganze Saison nur weisse Bücher. Auch sehr auffallend und wurde heiss diskutiert. SchirmerGraf mit seinen weissen Büchern. Kaum macht man das Buch auf, fliegen einem die farbig gedruckten Blätter des Vorsatzes entgegen. Und schon will man anfangen zu lesen.

Und dann die Bücher drinnen.

Manche Bücher haben einfach einen wunderbar «weissen» Satz:
Viel Weissraum. Luft zum Lesen, zum Schnaufen, zum Innehalten, zum Denken.
Bei manchen Büchern aber tun mir die Augen schon nach fünf Minuten lesen weh, weil es so ein «Supersatz» ist, dass nur noch alles flimmert. Schwarze Buchstabensuppe. Oder das Papier lässt alles durchscheinen.
Aber dann wieder der Genuss, dass es bei manchen Büchern aussen an den Seitenrändern soviel weissen Rand hat, dass die Daumen links und rechts das Buch zum Lesen schön halten können: eine Wohltat.

Aber was ist Weiss?

Auf der diesjährigen Internationalen Möbelmesse in Köln stand der Slogan: «Stühle in positivem Weiss». Ja was:
Ich sitze also auf diesem weissen Stuhl und fühle mich positiv? Oder vielleicht nehme ich dann doch lieber ein Buch in Weiss und schwupp bin ich positiv. Habe gute Laune, oder?

Manche meinen ja die Farbe sei Ausdruck eines Charakters. Wer also immer diese schwarzen Kleider trüge, hätte keine Haltung.
Oder wenn man besonders bunt rumliefe sei man irgendwie toll.
Na ja, nicht ganz hundert und zu Ende gedacht.

Und welches Weiss jetzt?

Manchmal tun einem vor lauter strahlender Weissheit die Augen weh. Da wurden alle optischen Aufheller, die es nur gibt, verwendet. Die Papierfaserstoffe wurden so gebleicht, dass man ganz geblendet ist.
Oder die Papieroberfläche wurde so lackiert dass alles weisslich schimmert.
Als Gegensatz dazu die Bücher mit den holzhaltigen Papieren. Bereits beim ersten Aufschlagen des Buches kommt einem ein solch gelbliches Papier entgegen, dass man schier einschläft. Noch ein bisschen grau gedruckt, dann ist das Buch fast nicht mehr lesbar. Aber vielleicht ist das ja der Sinn der Sache.

Und wie sich die Farbe Weiss so verändert.
Ich habe im Atelier auf dem Fensterbrett einen Stapel mit Musterbüchern liegen, die getestet werden. Nach zwei bis drei Monaten im Licht und in der Sonne sind die einen Bücher schön gelb, die anderen ganz wellig, bei den dritten bleichen die Farben des Schutzumschlages so aus, dass die Bücher dann fast wieder den weissen Suhrkamp Bücher von vor 20 Jahren ähneln.
Aber wer macht das schon ausser den Büchermachern? Stellen Sie Ihre neuen Schuhe zur Farbprobe ins Fenster?

Wobei das vielleicht auch einmal eine gute Idee wäre, ein ganzes Schaufenster in einer Buchhandlung voll mit Schuhen. Eine Freundin hat einmal ihre Bücherschaufenster mit den Schaufenstern eines Optikergeschäft getauscht. Die Schaufenster der Buchhandlung waren voll mit Brillen und umgekehrt. Die Wirkung war frappant. Die Leser blieben vor dem Schaufenster stehen und trauten ihren Augen nicht, mit oder ohne Brille.

Also wenn jetzt die Farbe weiss en vogue ist: weisse Schuhe und weisse Bücher ins Fenster.